Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft
Handlungsanleitung zum Entfernen PAK-haltiger Klebstoffe für Holzfußböden erstellt in Zusammenarbeit mit dem • Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt • Verband der Deutschen Parkettindustrie e. V. • Zentralverband Parkett- und Fußbodentechnik (Stand: Januar 1999) Beschreibung der Situation Bis Ende der sechziger Jahre wurde Parkett u.a. mit in organischen Lösemittel gelöstem Steinkohlenteerpech verklebt. Der Vorteil dieser Klebstoffe gegenüber dem Verkleben in Heißasphalt war die leichtere Zubereitung und Handhabung. Außerdem konnte der Klebstoff in geringeren Schichtdicken aufgetragen werden. Steinkohlenteer und Steinkohlenteerpech enthalten jedoch Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Mosaikparkett wird seit Anfang der sechziger Jahre und Stabparkett seit Ende der sechziger Jahre nicht mehr mit PAK-haltigem Material verklebt. Diese Klebstoffe wurden durch Kunstharzklebstoffe ersetzt, die nicht schwarz gefärbt sind. Beim Verlegen von Holzpflaster in gewerblichen Räumen wie Werkstätten ist der Einsatz der steinkohlenteerhaltigen Klebstoffe, Vorstriche und Pappen noch lange Stand der Technik gewesen (DIN 68701 Holzpflaster GE für gewerbliche und industrielle Zwecke, Stand 02/89). Da die Klebstoffe im Ausland weiterhin produziert werden, kann eine Verwendung in Deutschland nicht völlig ausgeschlossen werden. Neben den steinkohlenteerhaltigen Klebstoffen sind auch in seltenen Fällen bitumenhaltige Klebstoffe mit sehr geringen PAK-Gehalten verwendet worden. Diese Klebstoffe sind auch schwarz und lassen sich durch einfache Tests nicht von den PAK-haltigen unterscheiden. Bei den in den obengenannten Zeiträumen verwendeten Klebstoffen ist allerdings von erheblichen PAK-Gehalten auszugehen. Analysen dieser Klebstoffe ergeben bis zu 20.000 mg PAK/kg Klebstoff und mehr. Eine Bewertung der Gefährdungssituation für die Nutzungsphase durch den PAK-Gehalt im Klebstoff wird in dieser Handlungsanleitung nicht vorgenommen. Aufgrund des Alters des Parketts besteht in vielen Wohnungen die Notwendigkeit, die Bodenbeläge im Zuge von Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten zu entfernen. Auch beim Rückbau oder Umbau von Werkhallen werden PAK-haltige Materialien freigelegt. Bei solchen Arbeiten muß immer mit dem Auftreten von PAK-haltigem Staub gerechnet werden. Geltungsbereich Diese Handlungsanleitung gilt für das Entfernen von Holzfußböden, die mit Steinkohlenteerpech-Klebstoffen geklebt verlegt wurden, oder auf steinkohlenteerhaltige Pappenunterlagsbahnen (Teerpappe) oder Schichten verlegt wurden. Beispiele: • Parkettstäbe auf Estrich, Teerpappe oder teerhaltige Unterlagsschicht geklebt, • Parkettstäbe auf Lagerhölzer genagelt, die auf Teerpappe liegen, • Holzpflaster nach DIN 68701 (GE) auf Teerpappe im Heißklebeverfahren verlegt. Diese Handlungsanleitung gilt nicht für Klebstoffe mit einem Benzo[a]pyrengehalt unter 50 ppm. Mögliche Sanierungsmaßnahmen Bei der Beseitigung der Belastung der Innenräume durch PAK bzw. Benzo[a]pyren können unterschiedliche Sanierungswege gewählt werden. In Abhängigkeit davon, welche Gefährdung für die Beschäftigten bestehen, müssen entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen gewählt werden. 1. Das Parkett verbleibt in den Wohnungen Wenn das Parkett noch fest auf den Untergrund verklebt ist, kann die emissionsreduzierende Maßnahme den Erhalt des Parketts vorsehen. Dabei kann sowohl das Parkett als Bodenbelag verbleiben als auch mit anderen Bodenbelägen abgedeckt werden. Bei beiden Verfahren haben die Verarbeiter keinen Umgang mit dem alten Parkettklebstoff. Im Allgemeinen sind daher bei diesen Arbeiten keine PAK-spezifischen Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig. Arbeitsschutzmaßnahmen orientieren sich an bestehenden Gefahren. Beispielsweise müssen sich die Verarbeiter vor dem beim Schleifen freigesetzten Holzstaub schützen (s. auch BIA/BG-Empfehlung 'Oberflächenbehandlung von Parkett und anderen Holzfußböden'). 2. Das Parkett wird entfernt Wenn das Parkett entfernt wird, haben die Beschäftigten Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen. Hieraus geben sich schon im Vorfeld eine Reihe von Maßnahmen. Diese Handlungsanleitung ist eine Konkretisierung entsprechend des Abschnittes 3 (2) der TRGS 524 'Sanierung und Arbeiten in kontaminierten Bereichen'. In dieser TRGS und in der TRGS 440 wird ausdrücklich dazu aufgefordert, konkrete Hinweise und Hilfestellungen für die Sicherheit und den Arbeitsschutz zu geben. Grenzwerte und Einstufungen Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe sind eine Gruppe von vielen Einzelstoffen. Die Leitsubstanz dieser Stoffgruppe ist das Benzo[a]pyren, welches auch in allen PAK-haltigen Parkettklebstoffen nachgewiesen wird. Nach geltendem Gefahrstoffrecht ist Benzo[a]pyren als • krebserzeugend für den Menschen (K2-Stoff) • erbgutverändemd (M2-Stoff) • beeinträchtigend für die Fortpflanzungsfähigkeit für den Menschen (RF2-Stoff) sowie • fruchtschädigend (RE2-Stoff) eingestuft. Benzo[a]pyren ist hautresorptiv. Das bedeutet, daß eine Aufnahme in den Organismus nicht nur durch Einatmen, sondern auch durch Hautkontakt erfolgen kann. Bei entsprechend intensiven Hautkontakt kann die über die Haut in den Körper gelangte Menge größer als die eingeatmete Menge sein. Aufgrund des enthaltenen Benzo[a]pyren und anderer krebserzeugender Inhaltsstoffen wird Teer bzw. Pech ebenfalls als krebserzeugend für den Menschen (K2-Stoffe) angesehen. Nur für Benzo[a]pyren existiert ein Luftgrenzwert am Arbeitsplatz. Dieser beträgt 0,002 mg/m3 bezogen auf den Gesamtstaub in der Atemluft. Gefährdungsermittlung Ist der Holzfußboden in den eingangsgenannten Zeiträumen verlegt worden, so ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, daß die angetroffenen PAK-haltigen Klebgtoffe mehr als 50 mg/kg Benzo[a]pyren (Geltungsbereich der TRGS 150 und 551) enthalten. Deshalb sind die nachfolgenden Maßnahmen zu beachten. Eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich sonstiger Gefährdungen am Arbeitsplatz (z.B. Lärm) ist entsprechend dem Arbeitsschutzgesetz (§ 5) durchzuführen. Vergabe von Aufträgen Arbeiten zur Entfernung von PAK-belasteten Klebstoffen dürfen nur
an Unternehmen vergeben werden, die nachweisen können, daß sie
für die auszuführenden Arbeiten die notwendigen Erfahrungen und
Fachkenntnisse haben, über geeignetes Personal und die erforderliche
technische Ausrüstung verfügen.
Anzeigepflicht Der Unternehmer hat Bauarbeiten in mit krebserzeugenden Gefahrstoffen verunreinigten Bereichen unverzüglich der zuständigen Berufsgenossenschaft und der Gewerbeaufsicht/Amt für Arbeitsschutz schriftlich rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen (§37 GefstoffV, Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in kontaminierten Bereichen (ZH 1/18)). Die Anzeige hat spätestens 14 Tage vor Aufnahme der Arbeiten zu erfolgen. Ihr sind beizufügen: • eine Auflistung der im kontaminierten Bereich auftretenden Gefahrstoffe, • eine Beschreibung der vorgesehenen Baumaßnahme und der zugehörigen Arbeitsverfahren (einschließlich der zu bearbeitenden Fläche), • die von seiten des Unternehmers vorgesehenen Schutzmaßnahmen, • eine Betriebsanweisung nach § 20 GefStoffV, • die von seiten des Unternehmers bestellte verantwortliche Person (Koordinator s.u.) und • der Nachweis der sachgerechten Entsorgung. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen Vor Beginn der Sanierungsarbeiten sind die Beschäftigten nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen: • G 26 'Atemschutzgeräte' und • G 40 'Krebserzeugende Gefahrstoffe' zu untersuchen. Organisatorische Schutzmaßnahmen Vor Beginn der Arbeiten sind ein Arbeitsplan und eine Betriebsanweisung zu erstellen. Alle den Arbeitsschutz betreffenden Unterlagen sind auf der Baustelle für die Beschäftigten zugänglich aufzubewahren. Zur Überwachung der Arbeiten ist ein fachlich geeigneter Vorgesetzter bzw. Bauleiter (Koordinator) zu bestellen. Der Auftraggeber darf die Koordination nur geeigneten Personen übertragen, denen die damit verbundenen Aufgaben bekannt sind. Fachlich geeignet sind z.B. Personen, die über ausreichende Erfahrungen und Kenntnisse hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verfügen, um die Aufgaben, die bei Arbeiten mit PAK-kontaminiertem Material entstehen, sicher ausführen zu können. Ausreichende Kenntnisse hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz können z.B. durch die Teilnahme an einem gefahrstoffbezogenen Sachkundelehrgang erworben werden. Zu den Aufgaben des Vorgesetzten gehören z.B.: • Überwachung der in der Betriebsanweisung und im Arbeitsplan festgelegten Forderungen und • EinhaltungvonBeschäftigungsbeschränkungen (Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzrichtlinienverordnung). Betriebsanweisung und Unterweisung: Der Unternehmer hat vor Beginn der Arbeiten eine Betriebsanweisung zu erstellen (Anhang). Die Betriebsanweisung ist in verständlicher und übersichtlicher Form sowie in der Sprache der Beschäftigten abzufassen und an geeigneter Stelle der Arbeitsstätte (Baustelle) auszuhängen. Die Beschäftigten sind über die bei ihren Arbeiten
auftretenden Gefahren sowie über die Maßnahmen zu ihrer Abwendung
anhand der Betriebsanweisung zu unterweisen. Die Unterweisung hat vor Aufnahme
der Tätigkeit sowie bei wesentlichen Veränderungen der Arbeitsbedingungen
zu erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten
und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.
Technische Schutzmaßnahmen Bisherige Messungen zeigen, daß in der Regel bei der Entfernung von PAK-belasteten Materialien der Grenzwertes für Benzo[a]pyren überschritten wird. Das Verschleppen der Stäube ist zu vermeiden. Staubbelastete Bereiche sind räumlich von benachbarten Bereichen getrennt zu halten (z.B. durch Abkleben von Öffnungen mit Folie). Schwer zu reinigende Gegenstände sind staubdicht abzudecken. Der Arbeitsbereich darf von Unbefugten nicht betreten werden. Der Zugang zum Arbeitsbereich ('Schwarzbereich') erfolgt mindestens durch eine Einkammerschleuse. Das PAK-haltige Material ist durch staubarme Arbeitsverfahren zu entfernen. Soweit möglich, sind nur Arbeitsgeräte mit Absaugung zu verwenden. Eine Staubentwicklung beim Ausbrechen des Holzes kann durch Anfeuchten des Parketts oder Holzpflasters reduziert werden. Soweit möglich sollte das Material mit einem Industriesauger der Verwendungskategorie 'C' oder höher abgesaugt werden. Vor dem Zusammenkehren nicht aufsaugbarer Reste ist das Material anzufeuchten. Vor der Aufhebung des Schwarzbereiches ist eine Feinreinigung des gesamten Arbeitsbereiches durchzuführen. Dazu sind glatte Flächen feucht zu wischen und rauhe Flächen mit einem Industriesauger der Verwendungskategorie 'C' oder höher abzusaugen. Vor Aufhebung des Schwarzbereiches ist nach Beendigung der Arbeiten eine optische Reinheitsprüfung der Flächen vorzunehmen. Persönliche Schutzausrüstung/Hygienemaßnahmen Handschutz: Schutzhandschuhe aus Nitril- oder Butylkautschuk gemäß 'Regeln für den Einsatz von Schutzhandschuhen' (ZH 1/706). Schutzkleidung: zertifizierte Staubschutzanzüge (Typ 5) gemäß 'Regeln für den Einsatz von Schutzkleidung' (ZH 1/700) und Einweg-Überziehschuhe. Atemschutz: Atemschutz mindestens mit der Filterklasse P2 gemäß der Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten (ZH 1/701). Diese Geräte sind auch gebläseunterstützt erhältlich. Die Tragezeitbegrenzungen sind zu beachten. Kann durch Messungen belegt werden, daß die Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz eingehalten werden, kann auf den Atemschutz verzichtet werden. Vor Betreten des Arbeitsbereiches ist Schutzkleidung und Atemschutz anzulegen. Vor dem Verlassen des Arbeitsbereiches ist die Schutzkleidung abzusaugen und auszuziehen. Nach Verlassen der Schleuse kann der Atemschutz abgelegt werden. Im Arbeitsbereich ist das Essen, Rauchen und Trinken sowie das Aufbewahren von Lebensmitteln verboten. Auf der Baustelle außerhalb des 'Schwarzbereiches' muß eine Waschgelegenheit vorgesehen werden. Vorhandene Einrichtungen der zu sanierenden baulichen Anlagen können genutzt werden. Reparaturarbeiten kleineren Umfangs (weniger als 2 qm) Von den genannten Schutzmaßnahmen kann bei kleineren Reparaturarbeiten abgewichen werden. Die entstehenden Stäube sind mit einem Industriesauger der Verwendungskategorie 'C' oder höher abzusaugen. Für diese Arbeiten ist keine objektbezogene Anzeige erforderlich. Eine einmalige firmenbezogene Anzeige ist ausreichend, auch wenn Reparaturarbeiten kleineren Umfangs in verschiedenen Objekten ausgeführt werden. Vorschriften, Regeln, Informationsquellen • Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in kontaminierten Bereichen (ZH 1/183) • Gefahrstoffverordnung • Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 150 'Unmittelbarer Hautkontakt mit Gefahrstoffen' • Technische Regel für Gefahrstoff (TRGS) 524 'Sanierung und Arbeiten in kontaminierten Bereichen', BArbBl. 3 (1998) 60 • Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 551 'Pyrolyseprodukte aus organischem Material' • Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung - BaustellV) vom 10. Juni 1998
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